Mittwoch, 10. Oktober 2012

In der Kürze liegt die Würze - Eine Woche in London


Josh ist wirklich ein sehr liebevoller und herzlicher Gastgeber. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden. Er ist ein einzigartiger Mensch mit einer ganz eigenen Denkweise.
Josh ist 25, groß und ziemlich schlank. Er hatte längere Haare und einen Vollbart. Fremde Leute nennen ihn auch Jesus. Am liebsten trägt er einen knall gelben Poncho aus Mexico. Wir nennen ihn auch Mexican Batman. Wenn er mit seinem Fahrradhelm und dem im Wind wehenden Poncho durch die Strassen flizt, ist das wirklich ein Bild für die Götter. Er arbeitet irgendwas an der Uni mit Studenten, liebt Photografie, Kunst, Jonglieren und auf jeden Fall Tanzen. Mit seiner ausgelassenen Tanzweise zieht er alle Blicke auf sich.
Jeden Abend macht er seine Exercises, bestehend aus Sit-ups und Liegestütze.
Er liebt es Leute zu massieren und desswegen wollte er auch mir die Füße massieren.
Eigentlich ein gutes Angebot. Aber da ich über ein bekanntes Soziales Netzwerk schon ein zweifelhaftes Angebot bekommen habe. Bei dem jemand meine Füße massieren wollte und mich auch noch dafür bezahlen würde, bin ich mir nicht mehr so sicher was manche Typen dabei empfinden. Ich möchte nicht unwissentlich Teil sexueller Fantasien sein.
Jedenfalls habe ich mir die Füße massieren lassen. Bin ja schliesslich viel rumgelaufen.
Allerdings war alles bis auf meine Füße recht angespannt.

Am Freitag Abend hat mich Josh mit auf eine Hausparty in Hackney genommen. Es ist eine ganz neue Herausforderung betrunkene Engländer auf einer lauten Party zu verstehen.
Am Samstag wollte Josh wieder auf eine Hausparty gehen, aber ich wollte endlich mal sehen wie das Nightlife in London ist.
Desswegen habe ich mich mit John, seinem Mitbewohner, getroffen. Er war gerade mit Freunden in Shorditch. Das neue Camden.
Wir waren in einem Pub, der bis Mitternacht ein Stripclub ist und dann ein Tanzclub wird.

Am Sonntag sind Josh und ich zum Camden Market gefahren. Als wir dort an dem Kanal vorbei kamen, lag dort ein Boot auf dem gerade ein Konzert war.
Die Organisation nannte sich BlackLableLungs. Ziemlich coole Leute.
Der Gitarrist von einer Band kam zu uns und hat uns erzählt was hier so los ist. Süßer Kerl. :-)
Er meinte ich solle unbedingt in London bleiben und eine berühmte Bassistin werden. Hmm ich weiß ja nicht ob das SO einfach ist.
Jedenfalls musste er dann auf die Bühne, aber wollte später wieder kommen.  Die Band war echt gut und der Blickkontakt ging auch nicht verloren.
Tja, was er wohl auch nicht wusste ist, dass das Schiff während des letzten Songs ablegte und davon tuckerte.
Hmm, wir sahen uns an, aber wir wussten beide, dass wir uns wohl nicht mehr wiedersehen werden. Schade! Ich hatte doch gehofft, dass er mir mehr von der Londoner Musikszene zeigen kann.

In Camden sind wir auch noch in einen Jonglierladen gegangen, denn Josh wollte sich neue leuchtende Kugeln holen, die man so rumschleudert.
Dort in dem Laden hatten sie auch diese Kristallkugeln, die, wenn man sie richtig bewegt, aussehen als würden sie schweben.
Ich habe das einmal auf einem Mittelaltermarkt in München gesehen und das hat mich total fasziniert. Seit dem wollte ich das schon immer einmal ausprobieren.
Also habe ich den Typen am Thresen gefragt, ob der mir nicht mal zeigen kann, wie das funktioniert. Das tat er auch und schon konnte ich meinen ersten kleinen Trick.
Er gab uns auch noch einen Flyer und sagte, dass in London regelmäßig Workshops sind, wo man u.a. das sogenannte ContactJoggling lernen kann.
Neugierig wie wir sind, haben wir uns auf den Weg zum Workshop gemacht. Das wollten wir uns doch einmal anschauen.
Auf dem Weg dahin hat mir Josh noch die Ärea um die BrickLane gezeigt. Dieses Viertel ist wie ein Museum. Nur in cool.
Hier gibt es so viel StreetArt und man muss echt genau hinschauen, damit man nichts verpasst. Die Kunstwerke sind gesprayt, aus Papier aufgeklebt, Plastiken oder gemeißelt, d.h. die Wand war eigentlich weiß und darunter braun. Der Künstler hat bestimmte Teile der Wand abgeschlagen bis das Porträt von einem Mann entstanden ist.



Der Workshop war in der Rag Factory. Ich war noch nie vorher an so einem Ort.
Dort waren bestimmt an die 30 Leute. Entweder haben sie jongliert mit Bällen, Stöcken oder Keulen oder sie haben irgendwelche anderen Zirkuskünste vollführt.
Dort war ein Mann mit einem lustigen Bart, wie ein Zirkusartist, der war total gelenkig und hat sich die ganze Zeit irgendwie verknotet.
Ein junger Franzose hat durchgehend einen Ball auf sich balanciert und dabei irgendwelche Verrenkungen gemacht.
Ein glatzköpfiger Kerl hat Josh und mir gezeigt wie man mit dem ContactJogling anfängt. Am Ende konnten wir sogar schon ein paar Tricks.

Ich hatte Glück, dass genau an diesem Wochenende auch der berühmte Notting Hill Carnival stattfand. Er ist einer der größten Veranstaltungen in ganz Europa. Der Notting Hill Carnival wurde von afrikanischen und karibischen Einwanderen initiiert und galt als politische Protestaktion gegen rassistische Übergriffe auf Einwanderer. Früher haben die Einwanderer ihre Landesflagge getragen und heute tragen diese ihre Enkel, obwohl sie englischer Abstammung sind.
Die Parade besteht aus verschiedenen Trucks, die sehr sehr laute nicht sonderlich gute Reggaemusik spielen.
Die Leute, hauptsächlich dunkelhäutige Jugendliche, sind in Strömen hinter den Trucks hergelaufen und haben getanzt. Also ich muss schon sagen, die Mädels wissen echt wie man den Hintern bewegt.
Bei der Parade waren auch Tänzerinnen dabei, die wunderschöne karibische Kostüme anhatten. Allerdings war der Großtteil der Besucher damit beschäftigt hin und her zu laufen, anstatt sich die Parade auch wirklich anzuschauen.

Natürlich musste ich auch der Denmmark Street einen Besuch abstatten, nachdem mir alle sagten ich müsse dort mal hin.
Die Strasse ist echt klasse. Ein Musikladen neben dem anderem. Von Vintageläden zu Gebrauchtläden war alles dabei. Sogar ein Laden nur mit Bässen.
Ich habe gehofft, dass ich dort vielleicht jemanden kennenlerne, der mir die Musikszene von London näher bringen kann. Das war leider nicht sonderlich erfolgreich.
Ich hab zwar einen anderen Bassisten in dem Bassladen kennengelernt, der mich auch zu einer Jamsession eingeladen hat. Allerdings war der mir ein wenig zu aufdringlich, dass ich mich eigentlich nicht mehr bei ihm melden wollte.

Josh und John hatten keine Lust auszugehen, desswegen habe ich mich an einem Abend mit jemandem von Couchsurfing verabredet.
Wir gingen in einen Blues Pub in der Carnaby Street.
Der Typ heißt Jack, war mitte 30, kommt ursprünglich aus Frankreich und war mal total schräg drauf. Die ganze Zeit hatte er seinen Kopf gesenkt und mich von unten her angeschaut. Das sah wirklich total psycho aus. Es dauerte nicht lange und der Kerl war total stoned und betrunken.
Die meiste Zeit hat er wirres Zeug erzählt und mir fiel es wirklich schwer im zu folgen. Er sagte er hätte Spaß und fänd es toll wie gut wir uns verstehen sogar ohne viel Worte. 
Wenn er meint. Ich hab eigentlich nur gegrinst, mit dem Kopf genickt und nichts verstanden.
Einem netten Typen ist aufgefallen, dass ich etwas fehl am Platz da rum stand und hat hinter Jacks Rücken angefangen mit mir zu flirten.
So weltfremd scheint Jack dann doch nicht gewesen zu sein, denn ihm ist das aufgefallen und er versuchte mich dann zu verkuppeln.
Der Typ, Max, war sehr sympatisch, allerdings hatten wir uns nichts zu erzählen. Ich hatte also die Wahl zwischen verrückter Kerln mit wirren Worten oder sympatischer Kerl ohne Worte.
Ich entschied mich das Reden eh überbewertet ist.
Als ich später noch einmal nach Jack schauen wollte, war er verschwunden. So ein Pech!
Am nächsten Morgen habe ich noch eine wirklich seltsame SMS bekommen. Ich hatte ihm erzählt das ich als nächstes auf die Farm gehe. Er schrieb etwas wie: "Hattest du schon einmal Sex auf einer Farm? Ich glaube ich komme dich dort besuchen..."
Noch Fragen?

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