Mittwoch, 31. Oktober 2012

WWOOF - Teil 3

Da man ja das gute Essen und das Frieren nicht umsonst bekommt, muss man natürlich auch arbeiten.
Ein Tag sah im üblichen so aus:

Am Morgen, nach dem Frühstück, haben wir als erstes die Enten rausgelassen und gefüttert. Die waren echt super, wie die quakend rum gewatschelt sind. Irgendwann will ich auch unbedingt Enten haben.
Dann haben wir die Schweine gefüttert. Jetzt weiß ich auch warum man sagt "Du isst wie ein Schwein".
Die Schweine hatten insgesamt an die 16 Ferkel. Einige von denen waren erst eine Woche alt.
Die waren sooooooo süüüüüßßßß!!!!!
...Tschuldigung.
Am Schluss sind wir zu den Hühnern gegangen
Da habe ich dann festgestellt, dass ich echt kein Fan von Hühnern bin. Wenn man sich das Gesicht von denen genau anschaut, sehen die aus wie kleine Teufel.
Und wer möchte schon in einem Stall mit ca. 30 Miniteufeln sein?
Aber es hat Spaß gemacht die Eier einzusammeln und den Irren dabei zuzuschauen wie sie auf ihr Futter los rennen. Besser man steht da nicht im Weg. Die rennen sich sogar gegenseitig über den Haufen.

Als nächstes mussten wir Gemüse ernten. Immer das was gerade im Farmshop benötigt wurde.
Ich muss ja gestehen von den meisten Gemüsesorten, oder sagen wir von fast allen, hatte ich vorher keine Ahnung, wie die überhaupt wachsen.
Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass die Blätter von der Gurke, kleine Stacheln haben.
Das fand ich sehr interessant und das Ernten hat auch viel Spaß gemacht.

Leider gehören auch nicht so spaßige Aufgaben dazu.
Wie das Weeding - grrrr!
Die meiste Zeit haben wir damit verbracht, ein Feld, voll mit verschiedenen Kohlsorten, von Unkraut zu befreien.
Hört sich gar nicht so tragisch an, wenn man es schreibt.
Aber dafür muss man entweder gebückt, oder kniend über das Feld robben um die kleinen zarten Pflänzchen vorsichtig von den Bösewichten zu befreien.
Schön war es dann, wenn es geregnet hat und das Feld eine reine Matschgrube war.
Nur nochmal zu Erinnerung ENGLAND = REGEN.

Zum Glück hatten wir ja auch Freizeit.
Allerdings, wenn man in der Mitte von Nirgendwo ist und kein Auto hat, fällt die Auswahl der Nachmittagsaktivitäten eher rar aus.
Da unser Luxuswohnwagen mit DVD ausgestattet war, haben wir uns des öfteren Filme angeschaut.
Direkt neben dem Wohnwagen war eine Wiese auf der STAR, ein weißes Shetlandpony, zu Hause war.
Immer wenn wir das Fenster im Wohnwagen geöffnet haben, kam STAR an und hat seinen Kopf hineingesteckt.
Es sah aus als wolle er mit den Film schauen, aber ich glaube er wollte nur etwas zu Essen.

Einmal hat Jeremy, der Farmshopbesitzer, nach getaner Arbeit uns zum nicht weit entfernten Strand gefahren.
Das war das erste Mal, dass ich in England an der Küste war und die Landschaft ist echt ein Traum.
An einem anderen Abend hat uns Pete mit in den lokalen Pub genommen.
Man da steppt der Bär...
Egal Hauptsache mal wieder ein Bier trinken. Auch wenn das in England nicht gerade ein Hochgenuss ist.

An einem Samstag wollten wir eine kleine Party schmeißen, da einige am nächsten Tag abreisen. Wir wollten Grillen und ein Lagerfeuer machen.
Aber vorher wollten wir zu einem Fluss laufen von dem Pete und Jeremy uns erzählt haben.
Ok, die hatten aber wohl vergessen zu erwähnen wie schwierig es ist dort überhaupt hinzukommen.
Wir mussten über Felder und durch Wälder laufen. Über Zäune klettern und durch das Gebüsch kriechen. Und Schlussendlich noch durchs Moor warten.
Ein paar von uns hatten Gummistiefel an.
Anna jedenfalls nicht.
Ihr Schuhwerk bestand aus ein paar Schlappen und dazu ein Sommerkleid.
Auf dem Rückweg ist sie mit ihren Schuhen so im Matsch eingesunken, dass sie stecken geblieben ist und einen ihrer Schuhe verloren hat.
Zum Glück stürzte sie sich gleich mit beiden Armen hinterher und hat ihn wieder rausfischen können.
Allerdings war sie danach von oben bis unten voll mit Matsch. Die Beine waren bis zu denen Knien, die Arme bis zu den Ellbogen komplett in Matsch eingepackt und dazwischen war das Sommerkleid.
Nach Hause laufen musste sie barfuss.
Dieses Bild werde ich nie vergessen. :-)



Samstag, 27. Oktober 2012

WWOOF - Teil 2

In der Beschreibung der Farm stand als Unterkunft ein Wohnwagen mit DVD und Heizung. Klingt ja schon nach purem Luxus.
Klingt aber auch nur so.
Es war alles da wie angegeben. Nur war der Wohnwagen eine gammelige ranzige Bretterbude und die Heizung sah aus, als würde sie uns heimlich im Schlaf umbringen wollen. Das Einzige luxuriöse war der DVD Player.
Dazu kam, dass wir so viele WWOOFer waren, dass gar nicht genug Platz im Wohnwagen war und so mussten wir im Zelt auf einem Feld schlafen.
Eine Toilette und eine Dusche war weit und breit nicht zu sehen. Oder sagen wir eher, die Toilette, die war weit und breit zu sehen, denn die war das Feld um uns rum.

Übrigens aufgestanden wird um 6:45Uhr und gearbeitet wird bis 15Uhr.
Da fühlt man sich doch gleich wie zu Hause... wenn man ein Arbeiter in einem Arbeitercamp wär.

Mit mir im Camp war Miquel aus Katalonien, er half in der Küche. FX aus Frankreich, sehr schüchtern aber definitiv total spitz auf Naomi. Naomi aus England, super freundlich aber fast nicht zu verstehen, da sie so genuschelt hat. Anna aus Deutschland, meine Gefährtin. Und dann war da noch Haya. Haya kommt aus Japan und ist bestimmt ein ganz nettes Mädel. Aber mit ihrer gequälten klingenden Quietschestimme und ihren weniger intelligenten Aussagen, ging sie mir später ganz gewaltig auf die Nerven.

Da Anna mir von allen am sympathischsten war, haben wir beschlossen uns ein Zelt zuteilen.
Eigentlich hätte jeder eine eigene Kammer im Zelt bekommen, aber aus Witterungstechnischen Gründen, hielten wir es für klüger uns Eine zu teilen.
Habe ich schon erwähnt, das es SEPTEMBER in ENGLAND ist und wir DRAUßEN schlafen?

... und wir wurden auch nicht enttäuscht.
Es war unbeschreiblich kalt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal so gefroren habe.
Jetzt weis ich auch, dass mein toller Minischlafsack aus Thailand, den ich beim letzten Mal mitgebracht habe, definitiv nicht für draußen geeignet ist.

Das war schon hart. Die halbe Nacht vor Kälte nicht geschlafen und nachdem ich es dank meiner tollen "AntiKälteSchlafsackAtmungsTechnik"* doch noch geschafft habe einzuschlafen, wurde man um 6:45 Uhr vom Wecker wieder aufgeweckt und in die kalte Wirklichkeit zurück geholt.
Wer schon mal zelten war und sich dabei auch so den Hintern abgefroren hat, kann sich ja vorstellen, wie hart es ist am morgen den Schlafsack zu verlassen, nachdem man es gerade geschafft hat ihn aufzuheizen.

Schlaftrunken und mit allen Klamotten am Körper, die ich dabei habe, sind wir vom Zeltplatz zum Farmshop gelaufen.
Dort gab es ein Waschbecken, eine Dusche und sogar eine richtige Toilette. Man lernt schnell sich auch mit den kleinen Dingen im Leben zufrieden zu geben.
Leider hat dieses kleine Bad es nicht verkraftet, dass wir so viele Leute waren.
Die Toilette hatte zwischendurch immer mal wieder den Geist aufgegeben und das warme Wasser der Dusche hat auch nie für alle gereicht. Trotz Blitzdusche, stand der Letzte immer unter kaltem Wasser.
Das war schon sehr deprimierend, wenn man einen ganzen Tag draußen hart gearbeitet hat (manchmal im Regen) und am Ende noch nicht einmal eine heiße Dusche bekommt, bevor man in das kalte Zelt verschwindet für die eisige Nacht.

Wenigstens die Verpflegung war mehr als ausgezeichnet.
Es fing an mit dem Frühstück, dazu gab es selbst gebackenes Brot aus dem eigenem Farmshop im eigenem Steinofen gebacken.
Um 11 Uhr gab es eine kleine Tee-Pause (wir sind ja in England) mit selbstgebackenem Kuchen und der war sowas von lecker. Zum Glück konnte ich ein paar der Rezepte ergattern.
Um 13 Uhr gab es Lunch. Meistens war Gemüse dabei, was wir vorher selber geerntet haben. Es war immer super lecker.
Am Abend gab es dann noch Dinner. Auch wieder mit Gemüse von der Farm und super lecker.
Natürlich war alles BIO. Sogar das Glas Mayonaise.

* Die "AntiKälteSchlafsackAtmungsTechnik" funktioniert wie folgt: Wenn man im Schlafsack liegt, muss man diesen über den Kopf ziehen und dann einfach hinein atmen. Nach kurzer Zeit wird es im Schlafsack schön warm und dank des Sauerstoffmangels schläft man auch schnell ein.



Mittwoch, 24. Oktober 2012

WWOOF - Teil 1

WWOOF steht für Willing Worker On Organic Farms.
Fast jedes Land hat seine eigene Organisation, die es einem ermöglicht in dem jeweiligen Land Kontakt zu einem ökologisch geführten Hof aufzunehmen, um dort gegen Kost und Logis zu arbeiten.
Eigentlich eine gute Sache, wenn man für längere Zeit unterwegs ist, sein Budget begrenzt ist, man keine harte Arbeit scheut oder zumindest hofft, dass es doch nicht ganz so hart werden wird.
Außerdem lernt man wo die Produkte in unsere Küche herkommen, wie sie wachsen und wie man sie erntet. In einem fremden Land kann man dadurch auch seine Sprachkenntnisse verbessern und wenn man viel hin und her reist, ist es auch ganz entspannend mal nicht dauernd auf Achse zu sein.

Ich habe mir einen Bauernhof in Bodmin (Cornwall) ausgesucht. Die Besitzerin hat mir auch gleich mit einer Einladung geantwortet und mich gebeten ein paar Tage bevor ich ankomme eine Email als Bestätigung zu schicken.
Das habe ich natürlich vergessen und erst am Abend vorher gemacht. Da ich dann am morgen nicht mehr meine Emails nachschauen konnte, war ich gespannt ob mich auch jemand abholen kommt.
Ansonsten sitze ich irgendwo in der Pampa fest.

Am überschaulichen Bahnhof in Bodmin angekommen, wartete ich bis sich die Menschenmenge etwas lüftet und sich heraus stellt wer mich abholen kommt. Na ja, also wenn da hoffentlich jemand kommt.

Während ich so warte ist mir auf dem Parkplatz gegenüber ein echt cooler, alter Landrover aufgefallen. In dem Landrover saß ein junger Kerl mit einem riesigen Wuschelkopf. In so einer Karre wollte ich schon immer einmal mitfahren und mit so einem netten Kerl drin erst recht. Ich hoffe insgeheim, dass er mich abholen kommt.
Da er sich aber nicht rührt, wird er wohl auf jemand anderen warten.

Die Menschenmenge am Bahnhof wurde auch nicht weniger. Vielleicht haben die auch alle vergessen eine Bestätigungsemail zu schreiben.

Als ich wieder einen Blick zum Landrover machte, ist mir ein klitzekleines Schild aufgefallen, was vorher noch nicht da war, und auf dem hingekritzelt "WWOOF" stand.

Juhuu! Er wartet doch auf mich. Also schnell hin und rein in die coole Karre...

...in der Karre stinkts.
Und zwar ziemlich muffig. Der ganze Müll scheint auch schon angewachsen zu sein. Ganz schön schmuddelig hier.
Der Typ heisst Pete, ist 28, arbeitet auch auf dem Hof und wohnt hinten in seinem Auto.
Bis jetzt habe ich noch eine Vorstellungen von Hygiene und da ist der Typ leider durchgefallen.
Schade. Das hätte so romantisch werden können, mit ihm in seinem Auto die Küste von Cornwall runter zu fahren und hinten im Auto zu schlafen, irgendwo am Meer.
Aber nicht in dieser Stinkebude.

Nett ist er trotzdem. Er erzählt mir ganz viel was mich hier so erwarten wird und bringt mich zu dem Teil der Farm wo die WWOOFer untergebracht werden.

Da kam auch schon die nächste Ernüchterung...

Sonntag, 21. Oktober 2012

101 Hügel

Wenn man in einer neuen Stadt ankommt, über die man eigentlich nichts weiß außer den Namen, dann kann man schon mal überrascht werden.
Ich hätte nie gedacht das Bristol aus so vielen Bergen besteht.
Als ich am Bahnhof angekommen bin, musste ich also erst einmal meinen Tasche Hügel rauf und Hügel runter schleppen um zu dem Treffpunkt mit meinem Couchsurfinghost zu gelangen.

Duncan ist 22 und studiert Musik in Bristol. Er ist wirklich nett und hat sich das ganze Wochenende Zeit genommen mir die Stadt zu zeigen.
Erst mal sind wir aber zu ihm nach Hause gegangen um meine Tasche los zu werden.
Ok. Ein Tipp für alle Couchsurfer. Wenn die Adresse irgendetwas ist mit Hillside oder Hillroad, dann kann man sich schon mal darauf einstellen, dass der Weg dort hin sehr anstrengend wird oder man besser gleich einen anderen Host auswählt.

Schwitzend und total kaputt haben ich es dann zu seinem Haus geschafft. Doch das war noch nicht genug, denn mein Zimmer (der Proberaum) lag nicht wie üblich im Keller. Nein... er war unter dem Dach.

Nachdem mein Koffer endlich seinen Weg in den Raum gefunden hat, habe ich auch Duncan's Mitbewohner kennengelernt. Theo, Jenny und Charlotte.
Zusammen sind wir dann auf eine Pubtour durch Bristol losgezogen.
Es war wirklich eine ganz schöne Herausforderung etwas zu einer Unterhaltung von zwei britischen Mädels in einem lauten Pub beizutragen, wobei die eine so schnell redet als gäb es kein Morgen mehr.
Erst einmal musste ich das Gebrabbel in einzelne Wörter entpacken. Dann musste ich versuchen diese Wörter ins deutsche zu übersetzten. Als nächstes musste ich den Inhalt verstehen mir dann überlegen was ich dazu sagen will und das dann wieder ins englische übersetzten und...

... dann waren die beiden schon wieder beim nächsten Thema. Na ja vielleicht klappt's ja bei dem nächsten Thema schneller.
Ich glaube die beiden dachten echt ich wär eine stille Person.

Am nächsten Tag hat Duncan mir die ganze Stadt gezeigt. Bristol ist nicht besonders groß und man kann alles gut erlaufen. Natürlich Berg rauf, Berg runter.
Aber da wir ja auf dem Berg immer noch nicht hoch genug waren, sind wir noch 100 000 Treppenstufen auf einen Turm hoch gelaufen.
Gut. Der Ausblick war es auch wirklich wert.

Dann sind wir noch zu der Brücke gelaufen auf die Bristol stolz ist und ein bisschen das Wahrzeichen ist.
Supi, ne Brücke...
Wir saßen oben auf einem, na was wohl, Berg und konnten auf die Brücke und die Stadt dahinter runterschauen.
Der Ausblick war einfach gigantisch. Es wurde langsam dunkel und die Lichter von der Brücke und der Stadt gingen an.

Auf dem Rückweg haben wir einen braunen riesen großen, sehr komfortablen Sessel gefunden.
Da Duncan in seinem Wohnzimmer nur total die unbequemen Sofas stehen hat, habe ich ihn überredet den mitzunehmen.
Er rief gleich Theo an und er kam vorbei.
Wie vielleicht schon einmal erwähnt ist Bristol sehr hüglig und die Jungs mussten den schweren Sessel Hügel rauf und Hügel runter schleppen.
Beinahe wären wir an der engen Haustür gescheitert.
Aber jetzt sind alle sehr zufrieden mit ihrem neuem Sessel.


Mittwoch, 10. Oktober 2012

In der Kürze liegt die Würze - Eine Woche in London


Josh ist wirklich ein sehr liebevoller und herzlicher Gastgeber. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden. Er ist ein einzigartiger Mensch mit einer ganz eigenen Denkweise.
Josh ist 25, groß und ziemlich schlank. Er hatte längere Haare und einen Vollbart. Fremde Leute nennen ihn auch Jesus. Am liebsten trägt er einen knall gelben Poncho aus Mexico. Wir nennen ihn auch Mexican Batman. Wenn er mit seinem Fahrradhelm und dem im Wind wehenden Poncho durch die Strassen flizt, ist das wirklich ein Bild für die Götter. Er arbeitet irgendwas an der Uni mit Studenten, liebt Photografie, Kunst, Jonglieren und auf jeden Fall Tanzen. Mit seiner ausgelassenen Tanzweise zieht er alle Blicke auf sich.
Jeden Abend macht er seine Exercises, bestehend aus Sit-ups und Liegestütze.
Er liebt es Leute zu massieren und desswegen wollte er auch mir die Füße massieren.
Eigentlich ein gutes Angebot. Aber da ich über ein bekanntes Soziales Netzwerk schon ein zweifelhaftes Angebot bekommen habe. Bei dem jemand meine Füße massieren wollte und mich auch noch dafür bezahlen würde, bin ich mir nicht mehr so sicher was manche Typen dabei empfinden. Ich möchte nicht unwissentlich Teil sexueller Fantasien sein.
Jedenfalls habe ich mir die Füße massieren lassen. Bin ja schliesslich viel rumgelaufen.
Allerdings war alles bis auf meine Füße recht angespannt.

Am Freitag Abend hat mich Josh mit auf eine Hausparty in Hackney genommen. Es ist eine ganz neue Herausforderung betrunkene Engländer auf einer lauten Party zu verstehen.
Am Samstag wollte Josh wieder auf eine Hausparty gehen, aber ich wollte endlich mal sehen wie das Nightlife in London ist.
Desswegen habe ich mich mit John, seinem Mitbewohner, getroffen. Er war gerade mit Freunden in Shorditch. Das neue Camden.
Wir waren in einem Pub, der bis Mitternacht ein Stripclub ist und dann ein Tanzclub wird.

Am Sonntag sind Josh und ich zum Camden Market gefahren. Als wir dort an dem Kanal vorbei kamen, lag dort ein Boot auf dem gerade ein Konzert war.
Die Organisation nannte sich BlackLableLungs. Ziemlich coole Leute.
Der Gitarrist von einer Band kam zu uns und hat uns erzählt was hier so los ist. Süßer Kerl. :-)
Er meinte ich solle unbedingt in London bleiben und eine berühmte Bassistin werden. Hmm ich weiß ja nicht ob das SO einfach ist.
Jedenfalls musste er dann auf die Bühne, aber wollte später wieder kommen.  Die Band war echt gut und der Blickkontakt ging auch nicht verloren.
Tja, was er wohl auch nicht wusste ist, dass das Schiff während des letzten Songs ablegte und davon tuckerte.
Hmm, wir sahen uns an, aber wir wussten beide, dass wir uns wohl nicht mehr wiedersehen werden. Schade! Ich hatte doch gehofft, dass er mir mehr von der Londoner Musikszene zeigen kann.

In Camden sind wir auch noch in einen Jonglierladen gegangen, denn Josh wollte sich neue leuchtende Kugeln holen, die man so rumschleudert.
Dort in dem Laden hatten sie auch diese Kristallkugeln, die, wenn man sie richtig bewegt, aussehen als würden sie schweben.
Ich habe das einmal auf einem Mittelaltermarkt in München gesehen und das hat mich total fasziniert. Seit dem wollte ich das schon immer einmal ausprobieren.
Also habe ich den Typen am Thresen gefragt, ob der mir nicht mal zeigen kann, wie das funktioniert. Das tat er auch und schon konnte ich meinen ersten kleinen Trick.
Er gab uns auch noch einen Flyer und sagte, dass in London regelmäßig Workshops sind, wo man u.a. das sogenannte ContactJoggling lernen kann.
Neugierig wie wir sind, haben wir uns auf den Weg zum Workshop gemacht. Das wollten wir uns doch einmal anschauen.
Auf dem Weg dahin hat mir Josh noch die Ärea um die BrickLane gezeigt. Dieses Viertel ist wie ein Museum. Nur in cool.
Hier gibt es so viel StreetArt und man muss echt genau hinschauen, damit man nichts verpasst. Die Kunstwerke sind gesprayt, aus Papier aufgeklebt, Plastiken oder gemeißelt, d.h. die Wand war eigentlich weiß und darunter braun. Der Künstler hat bestimmte Teile der Wand abgeschlagen bis das Porträt von einem Mann entstanden ist.



Der Workshop war in der Rag Factory. Ich war noch nie vorher an so einem Ort.
Dort waren bestimmt an die 30 Leute. Entweder haben sie jongliert mit Bällen, Stöcken oder Keulen oder sie haben irgendwelche anderen Zirkuskünste vollführt.
Dort war ein Mann mit einem lustigen Bart, wie ein Zirkusartist, der war total gelenkig und hat sich die ganze Zeit irgendwie verknotet.
Ein junger Franzose hat durchgehend einen Ball auf sich balanciert und dabei irgendwelche Verrenkungen gemacht.
Ein glatzköpfiger Kerl hat Josh und mir gezeigt wie man mit dem ContactJogling anfängt. Am Ende konnten wir sogar schon ein paar Tricks.

Ich hatte Glück, dass genau an diesem Wochenende auch der berühmte Notting Hill Carnival stattfand. Er ist einer der größten Veranstaltungen in ganz Europa. Der Notting Hill Carnival wurde von afrikanischen und karibischen Einwanderen initiiert und galt als politische Protestaktion gegen rassistische Übergriffe auf Einwanderer. Früher haben die Einwanderer ihre Landesflagge getragen und heute tragen diese ihre Enkel, obwohl sie englischer Abstammung sind.
Die Parade besteht aus verschiedenen Trucks, die sehr sehr laute nicht sonderlich gute Reggaemusik spielen.
Die Leute, hauptsächlich dunkelhäutige Jugendliche, sind in Strömen hinter den Trucks hergelaufen und haben getanzt. Also ich muss schon sagen, die Mädels wissen echt wie man den Hintern bewegt.
Bei der Parade waren auch Tänzerinnen dabei, die wunderschöne karibische Kostüme anhatten. Allerdings war der Großtteil der Besucher damit beschäftigt hin und her zu laufen, anstatt sich die Parade auch wirklich anzuschauen.

Natürlich musste ich auch der Denmmark Street einen Besuch abstatten, nachdem mir alle sagten ich müsse dort mal hin.
Die Strasse ist echt klasse. Ein Musikladen neben dem anderem. Von Vintageläden zu Gebrauchtläden war alles dabei. Sogar ein Laden nur mit Bässen.
Ich habe gehofft, dass ich dort vielleicht jemanden kennenlerne, der mir die Musikszene von London näher bringen kann. Das war leider nicht sonderlich erfolgreich.
Ich hab zwar einen anderen Bassisten in dem Bassladen kennengelernt, der mich auch zu einer Jamsession eingeladen hat. Allerdings war der mir ein wenig zu aufdringlich, dass ich mich eigentlich nicht mehr bei ihm melden wollte.

Josh und John hatten keine Lust auszugehen, desswegen habe ich mich an einem Abend mit jemandem von Couchsurfing verabredet.
Wir gingen in einen Blues Pub in der Carnaby Street.
Der Typ heißt Jack, war mitte 30, kommt ursprünglich aus Frankreich und war mal total schräg drauf. Die ganze Zeit hatte er seinen Kopf gesenkt und mich von unten her angeschaut. Das sah wirklich total psycho aus. Es dauerte nicht lange und der Kerl war total stoned und betrunken.
Die meiste Zeit hat er wirres Zeug erzählt und mir fiel es wirklich schwer im zu folgen. Er sagte er hätte Spaß und fänd es toll wie gut wir uns verstehen sogar ohne viel Worte. 
Wenn er meint. Ich hab eigentlich nur gegrinst, mit dem Kopf genickt und nichts verstanden.
Einem netten Typen ist aufgefallen, dass ich etwas fehl am Platz da rum stand und hat hinter Jacks Rücken angefangen mit mir zu flirten.
So weltfremd scheint Jack dann doch nicht gewesen zu sein, denn ihm ist das aufgefallen und er versuchte mich dann zu verkuppeln.
Der Typ, Max, war sehr sympatisch, allerdings hatten wir uns nichts zu erzählen. Ich hatte also die Wahl zwischen verrückter Kerln mit wirren Worten oder sympatischer Kerl ohne Worte.
Ich entschied mich das Reden eh überbewertet ist.
Als ich später noch einmal nach Jack schauen wollte, war er verschwunden. So ein Pech!
Am nächsten Morgen habe ich noch eine wirklich seltsame SMS bekommen. Ich hatte ihm erzählt das ich als nächstes auf die Farm gehe. Er schrieb etwas wie: "Hattest du schon einmal Sex auf einer Farm? Ich glaube ich komme dich dort besuchen..."
Noch Fragen?

Freitag, 5. Oktober 2012

Eine Busfahrt, die ist lustig - oder auch nicht

... aber da ich noch etwas Zeit übrig hatte, fuhr die Tram ohne mich. :-)

Doch die nächste musste ich nehmen und wir verabschiedeten uns wieder auf die gleiche Weise.
Wer weiß, vielleicht werden wir uns irgendwann noch einmal wieder sehen.
Aber jetzt geht's erst mal nach London! Yeahhh!!

Wer allerdings denkt, man könne in einem Bus, der 11Stunden in der Nacht fährt, schlafen, der liegt genauso falsch wie ich.
Die ersten paar Stunden gingen noch.
Dann machten wir einen Zwischenstopp in Brüssel und damit war der schöne freie Platz neben mir auch belegt.
Ein bisschen später wurde man wieder unsanft geweckt und es hieß: raus aus dem Bus und zur französischen Passkontrolle.
Ja mittlerweile war es 4Uhr morgens und wir waren in Calais, Frankreich.
Wie eine Horde Zombies torkelten wir schlaftrunken aus dem Bus, stellten uns ordentlich an um unseren Reisepass vorzuzeigen. Danach schwankten wir aus dem Gebäude raus um uns in dem benachbartem Gebäude bei der englischen Passkontrolle wieder anzustellen.
Dann hieß es wieder alle Mann rein in den Bus und ab auf die Fähre und zack, alle wieder raus aus dem Bus, um nach 2 Stunden Fährfahrt wieder einzusteigen.

Nächstes Mal nehme ich auf jeden Fall den Bus am Tag. Der ist sogar noch 10 Pfund billiger.


Irgendwann zwischen Ein- und Aussteigen haben meine englisch aussehende Sitznachbarin und ich uns angefangen zu unterhalten. Schlafen war ja eh nicht.
Sie studiert in London, war gerade auf einem Studententreffen in Brüssel und muss jetzt wieder zurück, weil sie auf ein Festival geht.

Ungefähr eine Stunde später, nach dem ich erwähnte, das ich kurz zurück nach Deutschland muss, bevor ich weiter nach Asien kann, stellten wir fest, dass wir beide aus Deutschland kommen und somit unsere Unterhaltung auf deutsch fortsetzen können.
Da ihr Vater Brite ist, spricht sie akzentfrei englisch. Aber das sie meinen nicht gehört hat?! ich nehm's mal als Kompliment. :-)

Pünktlich um 7:30Uhr Ortszeit sind wir an der Victoria Coach Station angekommen.
Gut das ich das Mädel kennengelernt habe, denn so orientierungslos wie ich war, hätte ich die Underground nie gefunden.

Von meinem letzten Londonbesuch erinnere ich mich noch an die ewig langen Rolltreppen zur Underground runter.
Wo sind die alle hin?
Jetzt wo ich mit meinem Koffer unterwegs bin, scheinen die alle verschwunden zu sein und ich muss meinen Koffer rauf und runter schleppen.
Damit scheine ich aber den Hass aller Londoner auf mich zu ziehen.
Denn diese scheinen es sehr eilig zu haben und ich mit meinem Koffer wirke wie ein Fels in der Brandung, der die Menschen beim Strömen durch die Gänge stört.

Unzählige Treppen und wütende Blicke später, bin ich endlich am New Cross Gate angekommen.
Natürlich bleibt es mir nicht erspart und das Haus von meinem CS Host liegt oben auf einem Berg.

Oben angekommen öffnet mir Josh die Tür und zeigt mir mein Zimmer.
Ja genau, ich habe ein eigenes Zimmer mit richtigem Bett und Bettdecke.

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Warum es immer der falsche Zeitpunkt ist

Jetzt bin ich schon fast eine Woche in Amsterdam. Es wird langsam Zeit weiter zu ziehen.
LONDON IS CALLING!!!
Die Frage ist nur wie komme ich am günstigsten dahin.

Der Mittwoch drehte sich hauptsächlich darum ein Ticket von Amsterdam nach London zu ergattern. Mein Host Josh in London gab mir einen super Tipp.
Mit Megabus konnte man für nur 17Pfund ans Ziel gelangen.
Zwar muss man dafür 11 Stunden Bus fahren, aber auch das gehört ja zum Low-Budget-Reisen dazu.

Ich entschied mich für den Nachtbus. Der kostet zwar 27Pfund, aber wenigstens kann man dann viel Schlafen und ich spare mir für eine Nacht einen Couchsurfingplatz.
Mein Bus sollte also am Donnerstagabend um 21:30Uhr in Amsterdam los fahren.

Den letzten Tag schlenderte ich ein wenig durch die Stadt, bevor ich mich am Nachmittag mit Itamar treffen wollte, um die letzte Stunde bevor ich fahren muss, auf ein kleines Festival zu gehen.

Als ich am Mittag Hunger bekam, ging ich in die erste Frittenbude die ich fand.
Die beiden Typen waren echt lustig und die Mayonaise für meine Fritjes gab's sogar umsonst. Wieder 50cent gespart! Wuhuu!
Der einzige andere Gast war ein gut aussehender Typ.
Na sowas! Bei so wenig freien Plätzen muss ich mich wohl direkt neben ihn setzten! :-)

Es dauerte nicht lange und wir kamen ins Gespräch.
Jack kommt aus Australien und bereist gerade Europa.
Er ist sehr sympathisch und habe ich schon erwähnt, dass er echt gut ausschaut?
Das einzige Problem ist, dass ich nicht immer so ganz verstehe was er sagt (blödes Australienenglish).
Aber das scheint ihn nicht besonders zu stören. Wahrscheinlich geht es ihm auf seiner Reise öfters so.

Jack hatte für diesen Tag noch keine Pläne und weil es langsam Zeit wurde zu dem Festival zu gehen, hatte ich ihm vorgeschlagen mitzukommen.
Er überlegte nicht lange und kam mit.

Das Festival war in Nord-Amsterdam und wir sind wieder mit der Fähre rüber gefahren.
Es lag in einem kleinen Park nicht weit vom Ufer. Die Atmosphäre war sehr familiär und entspannt.  In einem kleinen halb offenem Zelt unter Bäumen spielten ein paar Akustikbands.
Später kam Itamar mit ein paar Freunden dazu.

Leider war es bald schon 20Uhr und ich musste mich auf den Weg zu meinem Bus machen.
Ich wäre gerne noch länger da geblieben und ich hätte Jack gerne noch besser "kennengelernt". :-)
Hätte ich ihn nur 24Stunden früher getroffen, dann hätte ich den Bus erst ein paar Tage später gebucht. Aber so sollte es halt nicht sein.

Als ich gehen musste kam Jack mit mir.
Er begleitete mich zum Bahnhof. Erst kam er mit in den Supermarkt, um mich für 11 Stunden Busfahrt einzudecken, dann kam er mit meinen Rucksack aus dem Schließfach holen und dann brachte er mich noch zur Tram, die zum Bus nach London fuhr.

Leider kam die Tram viel zu schnell.
Wir umarmten uns.
Er gab mir einen leichten Kuss auf die Wange und die Tram fuhr los... 


Dienstag, 2. Oktober 2012

Hare Hare

Als ich an einem Tag durch das Zentrum von Amsterdam lief, fand ich mich auf einmal auf einem Hare Krishna Festival wieder.
Eigentlich weiß ich nichts über diese Gruppe Menschen. Ich weiß nur, dass George Harrison von den Beatles begeisterter Anhänger war. Das habe ich mal in einer Doku gesehen.
Grund genug mir das einmal anzuschauen.

Auf einer Bühne spielte eine 9-köpfige Band, die auf dem Boden saßen oder wild herum sprangen.
Sie spielten nur einen Song mit folgendem Text:

Hare Krishna, Hare Krishna,
Krishna Krishna, Hare Hare,
Hare Rama, Hare Rama,
Rama Rama, Hare Hare

... und das ohne Pause für mindestens 30 Minuten.
Das schien aber niemanden zu stören. Die Frauen, die wunderschöne Saris trugen, und die Männer, die einen seltsam langen Leinenrock, einen langen Leinenschal, einen rasierten Kopf und ein seltsames Zeichen auf die Nase gemalt hatten, tanzten ausgelassen und fröhlich.
Sie streckten die Hände zum Himmel und sangen den nicht gerade schwer zu merkenden Text.
Es war schon etwas Sektenmäßig, aber irgendwie versprühten die Leute viel Freude, Frieden und Harmonie.

Mir, dem "armen, hungrigen Reisenden" kam es gerade recht das es dort auch etwas zu Essen gab und das sogar umsonst.
Zwar lies sich auf dem ersten Blick nicht wirklich erkennen was es war, aber beim Reisen muss man auch mutig sein, neue Sachen ausprobieren und sich ins Ungewisse stürzen.
Ach, was bin ich auch wirklich mutig - oder einfach nur hungrig.

Ich bekam einen Teller mit drei verschiedenen Gerichten. 
Eins war definitiv Reis. Das andere sah aus wie gelbes Gemüsecurry oder so was in der Art. Auf jedenfall Gemüse, denn Hare Krishna essen kein Fleisch.
Das dritte Gericht sah von der Konsistenz genauso aus wie der Reis oder das Gemüse, war aber dunkel lila.
Eine kleine Kostprobe lies mich erkennen, dass es süß ist und vielleicht der Nachtisch ist.
Es hat auf jeden Fall sehr gut geschmeckt und ein Glas Wasser gab es auch noch dazu.
Ach ja und natürlich war das ganze gesegnet. Sonst hätte ich es ja eh nicht gegessen.

Während ich gemütlich meine gratis Mahlzeit verspeiste, setzte sich ein älterer Mann zu mir.
Erst plapperte er in holländisch los. Als er merkte, dass ich nur englisch verstehe, bemühte er sich Sätze zusammen zu kriegen.
Er wollte sich unbedingt mit mir unterhalten, aber es viel ihm wirklich schwer und so war unsere "Unterhaltung" mit sehr vielen unangenehmen Schweigepausen versehen.
Als er ging, lies er noch seine Telefonnummer da, falls ich noch Fragen zur Stadt habe.
Das ist super lieb, aber die Standartunterhaltung über das Wetter war schon schwierig.


Montag, 1. Oktober 2012

Das Geisterhaus

Zum Glück haben Caspar und ich noch am Samstag in der Früh sein Boot reparieren lassen. So konnten wir nach der "secret" Party noch einen Bootstrip durch die Kanäle von Amsterdam machen.
Caspar lies mich sogar das Boot steuern.

Boot fahren gehört zu Amsterdam wie Fahrrad fahren. Nur irgendwie ein bisschen geordneter und nicht ganz so lebensgefährlich.
Das Wetter an dem Wochenende war ein Traum und alle Leute waren auf dem Wasser unterwegs.
Dort waren kleine Boote mit älteren Leuten die gemütlich durch die Kanäle schipperten und dabei ein Glas Wein schlürften, oder größere Boote mit einer ganzen Partygesellschaft, die tanzend bei lauter Musik an uns vorbei düsten, oder ein paar Hippies, die auf ihrem bunt bemalten Boot chillten.
Das ausgelassene Treiben auf den Kanälen ist es, was das Lebensgefühl von Amsterdam ausmacht.

Da jedoch mein Lebensgefühl bei Caspar langsam ein wenig eingeschränkt wurde, beschloss ich die beiden zu Verlassen und mir einen neuen Host zu suchen.
Itamar, 29, halb Holländer, halb Israeli, hat mich zu sich eingeladen. Er wohnte in der Nähe vom Hauptbahnhof und nicht weit weg von Caspar.

Allerdings änderte sich das Viertel schlagartig und sah nicht besonders einladend aus.
Als ich dann vor dem Hauseingang stand, überprüfte ich vier mal ob es wirklich die richtige Hausnummer ist.
Leider war sie es.
Ich stand vor einem größerem Hauseingang, der definitiv seine besten Zeiten hinter sich hatte.
Der Eingang war blau gestrichen, doch der Lack ging schon an mehreren Stellen ab. Das Glas der Tür war eingeschlagen und mit einem Holzbrett vernagelt.
Durch das andere Glas konnte ich einen ziemlich heruntergekommenen Hausflur erkennen. An dem ersten Treppenabsatz war ein alter Treppenlift angebracht, aus dem die Kabel nur so raushingen.
Itamar meinte, wenn ich da wäre, solle ich ihn anrufen, da die Klingel nicht funktioniert. Was für eine Überraschung!
Um so länger ich vor der Tür stand, desto unwohler fühlte ich mich. Immerhin kenne ich den Kerl gar nicht und hinter geschlossenen Türen kann viel passieren. Bis das einer mitbekommt, kann es lange dauern und das wird er wohl auch wissen.
Ich hielt es für eine gute Idee wenigstens meiner Mutter eine SMS mit der Adresse zuschicken. So wusste wenigstens einer wo man anfangen müsste nach meiner Leiche zu suchen.

Ich wählte Itamars Nummer und war gespannt was passieren würde.
Puhh! Entwarnung!!!
Als er um die Ecke im Hausflur kam, konnte ich schon durch das verklebte Fenster erkennen, dass er keiner Fliege etwas an tuen würde.
Itamar ist ein herzensguter Mensch. Er erzählte mir viel über sich, seinen interessanten Job als Archäologe und seine Ausgrabungen in und um Amsterdam.

Das Haus in dem er wohnte war ein altes verlassenes Wohnheim für Krankenschwestern.
Eine Firma lässt dort jemanden wohnen, damit das Haus nicht komplett leer steht und irgendwelchen Hausbesitzern zum Opfer fallen kann.
Irgendwie ist es schon komisch in einem verlassenem alten Wohnheim umher zu streifen.
Alle Zimmer standen leer, oder waren mit Gerümpel voll gestellt.

Da ich ziemlich anfällig für Horrorfilme bin und eine ausgeprägte Fantasie ihr übriges tut, habe ich in der ersten Nacht nicht sonderlich gut, oder sagen wir mal überhaupt nicht geschlafen.
Auch das die Matratze mich dazu aufforderte jeglichen Kontakt mit ihr zu vermeiden, machte das Schlafen nicht einfacher.
Es beunruhigte mich zu wissen, dass das Haus so riesig ist und hinter jeder Tür sich etwas verbergen kann, da alle keine Schlösser hatten, auch meine nicht.

Ob es viel gebracht hätte, dass ich mein Zimmer mit meinem Rucksack verbarrikadiert habe, weiß ich nicht, denn zum Glück kam kein verrückter Massenmörder vorbei.